Gefahren an der Einsatzstelle

Gefahren an der Einsatzstelle: Wie du in Extremsituationen sicher bleibst

22. Juni 2025 Von plumpe.c

„Die größte Gefahr ist die, die man nicht sieht.“ – Sprichwort unter Feuerwehrleuten

Ein Dachstuhlbrand in der Innenstadt. Auf den ersten Blick: Routineeinsatz. Doch kurz nach dem Eintreffen stürzt ein Nebengebäude ein – instabile Statik, nicht erkennbar von außen. Glück im Unglück: Der Angriffstrupp war noch beim Ausrüsten. Solche Szenarien zeigen, wie trügerisch Einsatzstellen sein können – und wie wichtig es ist, systematisch Gefahren zu erkennen und entsprechend zu handeln.

In diesem Beitrag erfährst du, worauf es bei der Gefahreneinschätzung wirklich ankommt – praxisnah, strukturiert und auf dem aktuellen Stand.



Warum strukturierte Gefahreneinschätzung entscheidend ist

Stell dir vor, du betrittst eine verrauchte Lagerhalle. Du hörst Funken, riechst Chemikalien – aber siehst fast nichts. Deine Ausrüstung schützt dich – aber schützt sie dich ausreichend?

Gefahren an Einsatzstellen sind oft nicht offensichtlich. Sie verstecken sich hinter Wänden, im Untergrund oder in Stressreaktionen von Menschen. Ohne eine systematische Einschätzung ist jede Maßnahme ein Blindflug.

Zahlen, die wachrütteln:
Laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) kommt es jährlich zu mehreren Tausend Unfällen bei Einsätzen – viele davon durch nicht erkannte Gefahren. [Quelle: DGUV Unfallstatistik 2023]


Bewährte Gefahrenschemata: 4A–1C–4E und Co.

Struktur hilft – besonders im Stress. Das 4A–1C–4E-Schema ist einfach, aber wirkungsvoll:

4A–1C–4E

KürzelGefahr
A1Atemgifte
A2Ausbreitung
A3Angst/Panik
A4Atomare Gefahren
CChemische Gefahren
E1Erkrankung/Verletzung
E2Explosion
E3Elektrizität
E4Einsturz

Erweiterung: 5A–1B–1C–5E

Insbesondere für den Katastrophenschutz und BOS-Dienste:

  • Absturz
  • Biologische Gefahren
  • Brand/Entzündung
  • Ertrinken/Wassergefahr
  • Anschlag/Zweitszenario

Diese Systeme helfen, nichts zu übersehen – egal wie hektisch die Lage ist.


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Die 13 häufigsten Gefahren an Einsatzstellen

1. Atemgifte

Brandrauch, CO, Chlor – sie wirken lautlos und schnell.
Maßnahmen: Atemschutz, CO-Warner, Fluchtwege sichern.

2. Ausbreitung

Feuer, Chemie, Panik – alles kann sich ausdehnen.
Maßnahmen: Riegelstellung, Belüftung, Zonentrennung.

3. Angst/Panik

Betroffene – oder Einsatzkräfte – können irrational reagieren.
Maßnahmen: Klare Sprache, Rückführung, psychologische Betreuung.

4. Atomare Gefahren

Radioaktivität ist unsichtbar – aber gefährlich.
Maßnahmen: Dosisbeurteilung, Abstand, Abschirmung.

5. Chemische Gefahren

Säuren, Gase, Lösungsmittel: oft schwer erkennbar.
Maßnahmen: Chemikalienschutzanzug, Dekonplatz, Stoffdatenblatt beachten.

6. Erkrankung / Biologische Gefahren

Erreger, Schimmel, Tierkontakt.
Maßnahmen: Hygienepläne, PSA, Impfschutz.

7. Explosion

Gasflaschen, Reifensprengungen, Druckgefäße.
Maßnahmen: Sicherheitsradius, Funkdisziplin, Löschmittelbereitstellung.

8. Elektrizität

Unsichtbar, oft unterschätzt.
Maßnahmen: Abschaltung, Abstand, Spezialkräfte hinzuziehen.

9. Einsturz / Absturz

Vor allem bei Bränden oder Altbauten.
Maßnahmen: Trümmerschatten meiden, Rückzug.

10. Biogefahren

Viren, Bakterien, Sporen.
Maßnahmen: Schwarz-Weiß-Zonen, Desinfektion, PSA.

11. Wassergefahren

Tiefbaugruben, Flüsse, Überschwemmungen.
Maßnahmen: Rettungsgeräte, Seilsicherung, Wathosen.

12. Brand / Hitze

Neben Flammen oft tödlicher: Rauchgase.
Maßnahmen: Innenangriff mit Sicherungstrupp, Hitzeschutzkleidung.

13. Anschlag / bewusste Gefahren

Terror, Sabotage, Zweitanschläge.
Maßnahmen: Rückzug, Absprache mit Polizei, Lagebewusstsein.


Sicheres Handeln: Taktik & Schutzmaßnahmen

MaßnahmeBeispiel
AngriffBrandbekämpfung, Gefahrgut sichern
VerteidigungRiegelstellung, Schutz der Bevölkerung
RettungPersonenbergung, medizinische Versorgung
RückzugEinsturzgefahr, unklare Lage

Hygiene, Funkdisziplin und Führungsstruktur

  • Einsatzstellenhygiene:
    Kleidung wechseln, keine Verpflegung in Schwarzbereichen, Dekonplatz vorhalten.
  • Funkdisziplin:
    Nur relevante Informationen, klare Rufgruppenstruktur, keine Privatgespräche.
  • Führung:
    Lagemeldung – Rückmeldung – Anweisung. Führungsrhythmus einhalten, Redundanzen vermeiden.

Wissen vermitteln: Didaktik in der Gefahrenausbildung

Gute Ausbildung ist mehr als Frontalunterricht:

  • Schema nutzen (z. B. 4A–1C–4E)
  • Rollenspiele & Szenarien
  • Nachbesprechung & Feedback
  • Wiederholung mit Variationen

Praxisbeispiel:
Bei der Notfunk-Übung 2025 in Lichterfeld wurden in nur 6 Stunden 33 km Richtfunkstrecke aufgebaut – mit minimalem Personaleinsatz. Der Erfolg: Ergebnis von Planung, Kenntnis und Gefahrenbeurteilung.


Fazit: Sicherheit braucht Struktur

Gefahren an Einsatzstellen sind vielfältig – aber beherrschbar. Wer sie systematisch einordnet, agiert sicherer, souveräner und erfolgreicher. Schulungen, Übungen und eine bewusste Einsatzvorbereitung sind keine Bürokratie – sie retten Leben.


FAQ: Häufige Fragen zur Gefahreneinschätzung

Was ist das 4A–1C–4E-Schema?
Ein Merksystem zur schnellen Gefahreneinschätzung – in neun Punkten.

Wie erkenne ich CO-Gefahr?
Symptome wie Schwindel, Kopfschmerz – oder technischer CO-Warner.

Was ist Trümmerschatten?
Der Raum, in den ein Bauteil fallen würde – nicht betreten!

Wann darf ich nicht funken?
Bei Explosionsgefahr, in Funkstille-Phasen – klare Vorgaben beachten.

Wie gehe ich mit biologischen Gefahren um?
Hygiene einhalten, PSA korrekt nutzen, ggf. Arzt konsultieren.