Wenn der Strom ausfällt: Wie der Landkreis Groß-Gerau mit Notfunk Deutschland e.V. vorsorgt

19. Juni 2025 Von plumpe.c

Digitale Notfallkommunikation im BOS-Band – ein starkes Modell für echte Krisenfestigkeit


Einleitung: Wenn kein Handy mehr funktioniert – was dann?

Plötzlich ist alles still. Kein Handysignal. Kein Internet. Kein Funk. – Und das ausgerechnet in einem Moment, in dem jede Sekunde zählt.
Was wie der Beginn eines Katastrophenfilms klingt, ist ein real denkbares Szenario: ein großflächiger Stromausfall, wie er durch Unwetter, Cyberangriffe oder Netzüberlastungen entstehen kann.

Doch während vielerorts noch diskutiert wird, handelt der Landkreis Groß-Gerau: Gemeinsam mit Notfunk Deutschland e.V. wird ein digitales Notfunknetz aufgebaut – speziell für den Katastrophenfall.
Ein Netz, das funktioniert, wenn alles andere ausfällt.



1. Warum Funkkommunikation systemrelevant ist

Krisen beginnen oft leise – mit einem Stromausfall. Doch die Auswirkungen eskalieren schnell:

  • Mobilfunkmasten halten ohne Strom oft nur wenige Stunden
  • Internet & Festnetz brechen in ländlichen Regionen rasch zusammen
  • BOS-Digitalfunk kann bei Netzüberlastung oder Technikausfall beeinträchtigt sein

Was dann? Wie können Einsatzkräfte koordiniert werden?
Wie wird die Bevölkerung gewarnt, wenn keine Sirenen funktionieren?

Die Antwort lautet: Notfunk – mit Technik, die autark funktioniert. Und mit Menschen, die wissen, was im Ernstfall zählt.


2. Wer hinter dem Projekt steht

Rüdiger Stingel – Brückenbauer zwischen Ehrenamt und Behörden

  • 1. Vorsitzender von Notfunk Deutschland e.V.
  • S6-Kommunikationsbeauftragter des Landkreises Groß-Gerau
  • Funkamateur mit jahrzehntelanger Erfahrung

Er ist das Bindeglied zwischen zivilgesellschaftlichem Know-how und behördlicher Verantwortung – und treibt den Aufbau des Netzes mit hoher Fachlichkeit und Engagement voran.

Notfunk Deutschland e.V.

Ein bundesweiter, gemeinnütziger Verein, der sich dem Aufbau ehrenamtlicher Notfallkommunikation verschrieben hat.

Ziele:

  • Einsatzfähige Technik bereitstellen
  • Fachpersonal ausbilden
  • BOS-Strukturen im Katastrophenfall ergänzen
  • Bevölkerung über Kommunikationsvorsorge informieren

3. Das KKN – Krisen-Kommunikations-Netz im BOS-Band

Das sogenannte KKN (Krisen-Kommunikations-Netz) ist ein eigenständiges, digitales Funknetz auf BOS-Frequenzen im 2-m-Band.

Warum dieses Band?
Weil es für den taktischen Einsatz vorgesehen ist – mit hoher Reichweite, Robustheit und sicherer Übertragung.

MerkmalBeschreibung
Frequenz2-m BOS-Band
BetriebDigital, verschlüsselt
FunktionEinsatzleitung, Rückmeldung, Koordination
Reichweiteregional über Repeater & Relais
Ausfallsicherheitautarke Stromversorgung, keine Cloud

Was bedeutet das konkret?
Auch bei einem vollständigen Stromausfall können über dieses Netz:

  • Einsatzgruppen geführt
  • Informationen verteilt
  • Rückmeldungen erfasst
  • kommunale Stellen angebunden werden

4. Neue Alarmierungsmethoden: Digitale Funkmelder

Ein großer Schritt war die Übergabe von vier digitalen Funkmeldeempfängern (DME) an die Einsatzgruppe Mitte 5 des Vereins.

Was bringt das?

  • Alarmierung direkt über die Leitstelle Groß-Gerau
  • Kein Umweg über Handy oder Internet
  • Sofortige Reaktion im Einsatzfall

Diese Alarmierungsform ist schnell, zuverlässig und unabhängig von kommerziellen Netzen – und damit ein echtes Plus an Sicherheit.


5. Kooperationsvertrag bringt rechtliche Klarheit

Damit aus der Zusammenarbeit zwischen Landkreis und Verein ein belastbares Modell wird, wird derzeit ein Kooperationsvertrag erarbeitet.

Geplant: Fertigstellung im April 2025.

Vertraglich geregelt werden:

  • Alarmierungs- und Einsatzverfahren
  • Technische Standards und Frequenzregelungen
  • Zuständigkeiten im Krisenfall
  • Schnittstellen zur Katastrophenschutzstruktur

Dieser Schritt schafft Rechtssicherheit, Verbindlichkeit und Planbarkeit – sowohl für den Landkreis als auch für das ehrenamtliche Engagement.


6. Was das Projekt für Bevölkerung und Katastrophenschutz bedeutet

Für die Bevölkerung

  • Mehr Sicherheit im Ernstfall
  • Bessere Koordination von Hilfeleistungen
  • Schnellere Informationsweitergabe

Für den Katastrophenschutz

  • Redundante Kommunikationsstruktur
  • Entlastung bestehender Netze
  • Lokale Führungsfähigkeit auch ohne zentrale IT

Für das Ehrenamt

  • Wertschätzung und Integration
  • Weiterbildung & Anerkennung
  • Sinnvolle Rolle im Gesamtsystem

7. Fazit: Vorsorge, die Schule machen kann

Das Projekt in Groß-Gerau ist mehr als ein regionales Pilotmodell – es ist ein Beispiel für vorausschauende Sicherheitspolitik mit Bürgerbeteiligung.

Es zeigt:
👉 Technisches Ehrenamt kann Lücken schließen, die im Katastrophenschutz bislang bestehen.
👉 Kommunale Kooperation auf Augenhöhe funktioniert.
👉 Sicherheit ist Teamsache.

Und es stellt die Frage an andere Landkreise: Wo ist euer Notfunkplan?


8. FAQ: Antworten auf häufige Fragen

Was ist das KKN?
Ein digitales Notfunknetz zur Kommunikation im Krisenfall – autark, robust und BOS-kompatibel.

Wer betreibt es?
Notfunk Deutschland e.V., in Kooperation mit dem Landkreis Groß-Gerau.

Warum ist Funk nötig, wenn es doch Handys gibt?
Weil Handynetze bei Stromausfall oder Überlastung versagen können – Notfunk funktioniert unabhängig.

Was bringt der Vertrag mit dem Kreis konkret?
Verbindliche Abläufe, Technik-Standards und Integration in die Gefahrenabwehrstruktur.

Können andere Landkreise das auch einführen?
Ja – das Konzept ist skalierbar und kann individuell angepasst werden.